rüllend zieht durch meinen Kopf
schauriges Gekreische.
Halb erschlagen mit 'nem Topf
liegt dort eine Leiche.
Totgeschlagen fast schon ganz
liegt die tote Leiche,
mit dem Namen Onkel Franz,
auf der zweiten Weiche.
Frühlingsbotschaft
B
© 1966 macpal
Frühlingsbotschaft
L
eise zieht durch mein Gemüt
liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied,
kling hinaus ins Weite.
Kling hinaus bis an das Haus,
wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
sag ich lass sie grüßen.
liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied,
kling hinaus ins Weite.
Kling hinaus bis an das Haus,
wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
sag ich lass sie grüßen.
© Heinrich Heine (1797 - 1856)
Herbstlüge
D
ie Maschinenpistolen sind verkracht.
Sie schießen und knattern
die ganze Nacht.
Sie erschießen sich an den Wänden.
O saub'rer Schuss, o schöner Klang.
Nun dieses war ein schöner Fang.
Hier müsste die Geschichte enden.
Doch wird sie schöner mit jedem Satz,
bis jeder von uns abgekratzt.
Sie schaffen mit allen Händen.
Es brennt das nah'ste, höchste Haus;
und trotzdem kommt kein Mensch heraus,
weil alle schon verenden.
Sie schießen und knattern
die ganze Nacht.
Sie erschießen sich an den Wänden.
O saub'rer Schuss, o schöner Klang.
Nun dieses war ein schöner Fang.
Hier müsste die Geschichte enden.
Doch wird sie schöner mit jedem Satz,
bis jeder von uns abgekratzt.
Sie schaffen mit allen Händen.
Es brennt das nah'ste, höchste Haus;
und trotzdem kommt kein Mensch heraus,
weil alle schon verenden.
© 1966 macpal
Frühlingsglaube
D
ie linden Lüfte sind erwacht.
Sie säuseln und weben
Tag und Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal.
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Sie säuseln und weben
Tag und Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal.
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.
© Ludwig Uhland (1787 - 1862)
Parabel
E
in Tier,
das sich für schlau gehalten,
versuchte ein Papier zu falten.
Doch hat's vergebens den Geist entfacht.
Das Blatt war stärker als es dacht'.
Ein zweites sprach:
Doch denkste, alles Pustekuchen.
Ein drittes kam nach Tag und Stund.
Ein Staunen liegt in aller Mund,
denn ihm ist es geglückt sogleich.
Es kam halt aus dem Menschenreich.
das sich für schlau gehalten,
versuchte ein Papier zu falten.
Doch hat's vergebens den Geist entfacht.
Das Blatt war stärker als es dacht'.
Ein zweites sprach:
Ich will's versuchen.
Doch denkste, alles Pustekuchen.
Ein drittes kam nach Tag und Stund.
Ein Staunen liegt in aller Mund,
denn ihm ist es geglückt sogleich.
Es kam halt aus dem Menschenreich.
© 1966 macpal
Parabel
E
in Mensch,
der sich für stark gehalten,
versuchte, einen Klotz zu spalten.
Doch schwang vergebens er sein Beil:
Der Klotz war gröber als der Keil.
Ein zweiter sprach:
Umsonst – der grobe Klotz blieb liegen.
Ein dritter kam nach Jahr und Tag.
Dem glückt’ es auf den ersten Schlag.
War der nun wirklich gar so forsch?
Nein – nur der Klotz ward seitdem morsch.
der sich für stark gehalten,
versuchte, einen Klotz zu spalten.
Doch schwang vergebens er sein Beil:
Der Klotz war gröber als der Keil.
Ein zweiter sprach:
Ich werd’s schon kriegen!
Umsonst – der grobe Klotz blieb liegen.
Ein dritter kam nach Jahr und Tag.
Dem glückt’ es auf den ersten Schlag.
War der nun wirklich gar so forsch?
Nein – nur der Klotz ward seitdem morsch.
© Eugen Roth (1895 - 1976)
Tauwetter
D
ie Pistolen spiegeln blank.
Aus allen Läufen sprudeln
die trommelnden Kugeln.
Du schöner Kugelfang.
Was willst du, junger Dieb,
mit deinem wilden Gehen?
Ich bleib' schon selber stehen,
denn du bist gar nicht lieb.
Aus allen Läufen sprudeln
die trommelnden Kugeln.
Du schöner Kugelfang.
Was willst du, junger Dieb,
mit deinem wilden Gehen?
Ich bleib' schon selber stehen,
denn du bist gar nicht lieb.
© 1966 macpal
Tauwetter
D
ie Dächer spiegel blank,
von allen Rinnen klopfen
die trommelnden Tropfen.
O heller Klang!
Was willst du, junger Wind,
mit deinem wilden Wehn?
Lass mich entgegengehn
dem Frühlingskind!
von allen Rinnen klopfen
die trommelnden Tropfen.
O heller Klang!
Was willst du, junger Wind,
mit deinem wilden Wehn?
Lass mich entgegengehn
dem Frühlingskind!
© Richard von Schaukal (1874 - 1942)
Vater ach Vater,
es hungert mich
es hungert mich
V
ater ach Vater,
setz dich in Trab,
gib mir zu fressen,
sonst kratze ich ab.
Und als der Mund gestopfet war,
brüllte der Lümmel noch immerdar:
Und als das Brot ganz weich war,
schrie der Bengel noch immerdar:
Und als das Auge ausgehackt war,
kreischte der Trottel noch immerdar:
Der wütende Vater war aufgebracht,
er holte die Axt, noch in der Nacht,
und schlug damit dann kräftig zu,
denn das Balg gab keine Ruh.
Und als der Sohn gestorben war,
brauchte er kein Brot mehr gar.
Und die Moral von der Geschicht:
Beginne Erhard's Maßhalten nicht.
setz dich in Trab,
gib mir zu fressen,
sonst kratze ich ab.
Warte nur, Du blöder Hund;
morgen stopf ich dir den vorlauten Mund.
Und als der Mund gestopfet war,
brüllte der Lümmel noch immerdar:
Vater ach Vater, setz dich in Trab;
gib mir zu fressen, sonst kratze ich ab.
Warte nur, ich helfe dir gleich.
Ich mache nur das Brot ganz weich.
Und als das Brot ganz weich war,
schrie der Bengel noch immerdar:
Vater ach Vater, setz dich in Trab;
schmeiß das Brot her, sonst kratze ich ab.
Warte nur, du dreckiger Sack,
bis ich dir das Auge aushack.
Und als das Auge ausgehackt war,
kreischte der Trottel noch immerdar:
Vater ach Vater, setz dich in Trab;
gib mir zu fressen, sonst kratze ich ab.
Mensch du Lümmel, ich bringe dich um;
Du bist mir nämlich viel zu dumm.
Der wütende Vater war aufgebracht,
er holte die Axt, noch in der Nacht,
und schlug damit dann kräftig zu,
denn das Balg gab keine Ruh.
Und als der Sohn gestorben war,
brauchte er kein Brot mehr gar.
Und die Moral von der Geschicht:
Beginne Erhard's Maßhalten nicht.
© 1966 macpal
Mutter, ach Mutter,
es hungert mich
es hungert mich
M
utter, ach Mutter,
es hungert mich,
Gib mir Brot,
sonst sterbe ich.
Und als das Korn gesäet war,
rief das Kind noch immerdar:
Und als das Korn geerntet war,
Rief das Kind noch immerdar:
Und als das Korn gedroschen war,
Rief das Kind noch immerdar:
Und als das Korn gemahlen war,
Rief das Kind noch immerdar:
Und als das Brot gebacken war,
Lag das Kind auf der Totenbahr.
es hungert mich,
Gib mir Brot,
sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir säen geschwind.
Und als das Korn gesäet war,
rief das Kind noch immerdar:
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir ernten geschwind.
Und als das Korn geerntet war,
Rief das Kind noch immerdar:
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir dreschen geschwind.
Und als das Korn gedroschen war,
Rief das Kind noch immerdar:
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir mahlen geschwind.
Und als das Korn gemahlen war,
Rief das Kind noch immerdar:
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir backen geschwind.
Und als das Brot gebacken war,
Lag das Kind auf der Totenbahr.
© Des Knaben Wunderhorn (ca. 1800)
Verloren
I
ch ging im Wald so für mich hin,
um viel zu suchen,
das war mein Sinn.
In der Sonne sah ich den Mörder steh'n.
So grauenhaft scheußlich, doch wunderschön.
Ich wollte ihn sprechen, da sagte er laut:
Ich lud ihn ein in mein schönes Haus.
Dort trank ich Wein und manchen Schmaus.
Und murks ihn ab am stillen Ort.
Nun kratzt er ab und stirbt so fort.
um viel zu suchen,
das war mein Sinn.
In der Sonne sah ich den Mörder steh'n.
So grauenhaft scheußlich, doch wunderschön.
Ich wollte ihn sprechen, da sagte er laut:
Bin ich zum Sprechen so gut gebaut?
Ich lud ihn ein in mein schönes Haus.
Dort trank ich Wein und manchen Schmaus.
Und murks ihn ab am stillen Ort.
Nun kratzt er ab und stirbt so fort.
© 1966 macpal
Gefunden
I
ch ging im Walde so für mich hin,
und nichts zu suchen,
das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich ein Blümchen stehn,
wie Sterne leuchtend, wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen, da sagt es fein:
Ich grub's mit allen den Würzlein aus.
Zum Garten trug ich's am hübschen Haus.
Und pflanzt es wieder am stillen Ort;
nun zweigt es immer und blüht so fort.
und nichts zu suchen,
das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich ein Blümchen stehn,
wie Sterne leuchtend, wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen, da sagt es fein:
Soll ich zum Welken gebrochen sein?
Ich grub's mit allen den Würzlein aus.
Zum Garten trug ich's am hübschen Haus.
Und pflanzt es wieder am stillen Ort;
nun zweigt es immer und blüht so fort.
© Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Vorbereitung
D
u sehnst dich,
einen umzubringen,
bereitest dich zu raschem Mord.
Du selbst schaffst es nicht, vorzudringen
zum ganz bestimmten Ort.
einen umzubringen,
bereitest dich zu raschem Mord.
Du selbst schaffst es nicht, vorzudringen
zum ganz bestimmten Ort.
© 1966 macpal
Du sehnst Dich...
D
u sehnst Dich,
weit hinaus zu wandern,
bereitest dich zu raschem Flug.
Dir selbst sei treu und treu den andern,
dann ist die Enge weit genug!
weit hinaus zu wandern,
bereitest dich zu raschem Flug.
Dir selbst sei treu und treu den andern,
dann ist die Enge weit genug!
© Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Zugabe
Willst Du glücklich sein im Leben,
trage bei zu and'rer Glück.
Denn die Freude, die wir geben,
kehrt ins eig'ne Herz zurück.
trage bei zu and'rer Glück.
Denn die Freude, die wir geben,
kehrt ins eig'ne Herz zurück.